Ist — Soll Vergleich Hochwasservorhersage Ahrtal 14. Juli

Thomas Strub
22 min readJan 31, 2022

Am 28 Januar war ich im Landtag von Rheinland-Pfalz um als Zuschauer/Presse bei der präsenzöffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses Flutkatastrophe weitere Details zur Hochwassermeldung des LfU während des Flutereignisses zu sammeln. Insgesamt muss man sagen, dass dies ein recht zähes Verfahren ist und die Anzahl an für mich neuen Informationshappen pro Zeiteinheit recht gering war.

Die knapp 4-Minütige Zusammenfassung des Deutschlandfunks fasst den Inhalt des öffentlichen Teils der knapp 12 stündigen Sitzung recht gut zusammen. Der Artikel im Focus fasst die Aussagen von Herrn Bettmann zusammen.

Ein kritischer Baustein in der Meldekette ist der Hochwasservorhersagedienst der LfU RLP in Mainz. Hier war am 28. Januar vorwiegend nur das Thema welche Meldungen und Daten kamen rein und welche gingen raus. Am 4. Februar ist eine weitere Sitzung bei der dann tiefer ins Detail zur Arbeit der LfU Rheinland-Pfalz, die den Hochwassermeldedienst durchführt gegangen wird.

In diesem Artikel beschreibe ich noch mal wie die Prognosen erstellt werden und danach wo es bei den Prognosen gehakt hat. Am Schluss zeige ich, dass meine bisherige Unzufriedenheit mit den Prognosen der LfU trotz der vorgetragenen Punkte durch den Zeugen Bettmann weiterhin bestehen.

Übersicht des Vorgehens der LfU zur Hochwasservorhersage

Eingangsdaten

Die LfU nutzt unter anderem

  • verschiedene Wetterprognosen
  • Wetter Messstationen (gefallener Regen, Bodenfeuchte, ..)
  • Ergebnisse des Regenradars
  • Pegel Messstellen
  • Modell des Abflussgebietes

Grundsätzlich reicht das um mit hydrologischen Modellen, die mit dem Programm LARSIM durchgeführt werden Pegelvorhersagen zu treffen.

Soll-Verfügbarkeit der Eingangsdaten

Für die kurz und Mittelfristige Prognose (24h) werden vorwiegend die vom DWD bereitgestellten Modelle ICON-D2 und ICON-D2 Ensenble verwendet.

Alle 3 Stunden ist ein sogenannter Vorhersagezeitpunkt(VZP) der ICON-D2* Wetterprognosen. In der relevanten Zeit wurden vom DWD mit VZP 10, 13, 16 und 19 Uhr MEZ Dateien erzeugt. Diese waren alle rechtzeitig da und nach Ex-Post wurde vom DWD bestätigt, dass die Ergebnisse der Modelle so in Ordnung waren und die Realität gut abgebildet hatten.

Das Modell ICON-D2 braucht für die Berechnung und Bereitstellung etwa 1:17h.

Das Modell ICON-D2 Ensemble mit 20 unterschiedlichen Resultaten ist etwa 1h nach ICON-D2 verfügbar. Also dauert die Gesamtberechnung etwa 2:20h. Bedeutet die Ensemble Ergebnisse für VZP 16 sind 18:20 Uhr verfügbar. Laut Aussage des DWD war die Streuung der Prognosen relativ gering und das Wetter somit sehr gut vorhersehbar.

Die Regenmessstationen liefern stündlich aktuelle Daten für die vergangene Stunde. Diese Daten sind quasi nur noch für die Kalibrierung des Regenradars notwendig.

Engmaschiger gibt es die Daten der Niederschlagsradar-Vorhersage des DWD. Diese werden laut Beschreibung im 5 Minuten Takt aktualisiert. Die Daten zeigen auch 2h in die Zukunft. Die Zuverlässigkeit der 2 stündigen Vorhersage wird als sehr gut beschrieben, hier gibt es auch kein Multimodell oder Ensemble, sondern es wird nur eine Alternative berechnet.

Die Pegelmessstellen liefern in Deutschland im 15 Minuten Takt Daten. (Frankreich 5 Minuten) Bis die Daten von allen Stationen verfügbar sind und damit auf den Seiten der Hochwasserzentralen sind gibt es teilweise Verzögerungen von bis zu 15–20 Minuten. Somit sind es leider keine Echtzeitdaten, aber die zeitliche Verfügbarkeit ist gut. Für das Ahrtal gibt es in Rheinland-Pfalz 7 Pegelmessstellen. Die Station in NRW (Neuhof Ahr 124 km² EZG 71,5 km vor Mündung, 8,5km vor Müsch) ist nicht eingebunden.

Vorgestelltes Vorgehen der Berechnungen und Kommunikation der LfU für die Ahr

Die LfU betreibt für die Ahr zwei Produkte

  • Hochwasserfrühwarnung (Hochwasserfrühwarnung für Ahr-Einzugsgebiet)
  • Pegelbezogene Abschätzung für die Pegel in Müsch, Altenahr und Bad Bodendorf. Davon wird nur die Abschätzung für Altenahr auf der Webseite der LfU veröffentlicht . Für die anderen 6 Pegel werden nur Istwerte auf www.hochwasser-rlp.de veröffentlicht.

Für die größeren Flüsse gibt es noch weitere Produkte, die für die Ahr als nicht in der Hochwassermeldeverordnung genannten Fluss aber nicht in Frage kommen

Hochwassermeldeverordnung RLP

Berechnungen werden nur nach neuer Verfügbarkeit der jeweils zugrunde liegenden Wettermodelle durchgeführt. Eine automatische Neuberechnung mit neuen Pegeldaten oder Niederschlagsvorhersagen ist in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen. Herr Reich aus Baden-Württemberg hat im U-Ausschuss erklärt, dass in Baden-Württemberg von der Hochwasserzentrale jede Stunde neue Berechnungen durchgeführt werden. In meinem Artikel vom 28. August 2021 hatte ich die öffentlich verfügbaren Informationen dazu gesammelt. Hier werde ich nochmals nachhaken und fragen welche Daten und Datenstände jeweils in die verschiedenen Berechnungen einfließen.

Das Schaubild der LfU macht das mehr oder weniger deutlich:

Markierung durch mich

Ganz zufrieden bin ich mit dem Bild der LfU nicht, ich würde es für den Fall der Ahr mit meinen derzeitigen Erkenntnissen eher folgendermaßen aufbauen. Wobei es noch nicht ganz komplett ist.

Eigene Darstellung

Hochwasserfrühwarnung

Für die Hochwasserfrühwarnung wird für die Wetterdaten das DWD ICON-D2-Ensemble-Modell verwendet. Dies bedeutet VZP (in MEZ) etwas über 2h startet die Berechnung und ist dann nach fertig. Die Berechnung dauert etwa eine Stunde. Die Veröffentlichung der Warnungen werden unter anderem über KatWarn durchgeführt und sind dann VZP +3:17 in der App als Gebietswarnung verfügbar.

LfU RLP

Für die Warnung gelten folgende Regeln:

  • Wenn 60% der Ensemble Modelle ein Hochwasser über der entsprechenden Warnstufe für die Stufe vorhersagen

oder

  • Wenn 40% über der Grenze für eine Warnschwelle und davon 30% über der nächst höheren sind wird die Warnung der entsprechenden Stufe ausgelöst.

Für die Berechnung wird bei HW50 abgeschnitten. Eine Regel >30% über HW100 und >10% HW50-HW100 gibt es nicht, da alles über HW50 in einen Topf geworfen wird. Und somit wurde mit VZP 7 (hier 14/7 11:00) nicht die Warnung Lila um 11:17 versendet, die mit dem Ensemble-Modell wahrscheinlich sinnvoll gewesen wäre.

LfU RLP

Hier ist die Frage ob hier eine bessere Auflösung HW100 und HWextrem für VZP 7 möglich ist.

Möglicherweise interpretiere ich hier die Daten falsch und 14/07 11:00 steht für VZP 10 und somit die Warnung 14:17. Für das Resultat, dass die Warnung früher auszulösen wäre hat dies keine Auswirkung.

Pegelbezogene Abschätzung

Die pegelbezogene Abschätzung verwendet für die 3 Pegel der Ahr nur das DWD ICON-D2 Modell. Dies ist VZP + 1:17h verfügbar und die Berechnung in der LfU dauert etwa 8 Minuten.

Die Ergebnisse dieser Abschätzung werden verwendet um automatische Warn-Emails an die Kreisverwaltung zu senden.

Quelle Email, die mir aufgrund einer Anrage über fragdenstaat.de zugegangen ist.

Für diese werden für die Ahr folgende Regel verwendet:

  • Wenn in der Abschätzung in 5h die Warnschwelle überschritten wird, wird eine Warn-Email versendet. Die definierten Warnschwellen für Müsch 1,8m, Altenahr 1,9m und Bad Bodendorf 1,9m.

Leider sind die Grafiken für den Pegel in Müsch für die Berechnungszeitpunkte 9:26 und 12:26 bisher nicht veröffentlicht worden. Sonst könnte man erkennen welche Pegelstände für Müsch vor erreichen der Warnschwelle prognostiziert wurden.

Ist-Meldungen

Die relevanten VZP der ICON-D2 bzw. ICON-DE Ensemble Wettermodelle sind 7,10,13,16 und 19 Uhr MEZ. Damit waren zu folgenden Zeiten neue Berechnungen vorhanden, die entsprechend auch zu Warnungen bzw. geführt haben.

Eigene Darstellung

12:26 mit Ende der Berechnung war der Pegel in Müsch laut Prognose noch nicht innerhalb der nächsten 5h überhalb von 1,80m. In der Grafik aus der Warnmail um 15:26 ist der Schnittpunkt 1,8m um etwa 13:07. Die X-Achse in der Grafik ist meiner Meinung nach eher MEZ also 14:07 Uhr. Das passt soweit auch zum Wert der Pegelmessstation.

Unklar ist mir noch wie die 5 Stunden zu lesen sind. Es ist hier noch mal ein Unterschied ob das in Bezug zum VZP, bzw. ab dem die Modelldaten vorlagen, oder zum Zeitpunkt an dem die Berechnung fertig durchgeführt wurde. Dies könnte ein zusätzliche Lücke von 1:25h erzeugen.

Pegel Müsch

Der Pegel in Müsch hatte laut Istdaten, die zuletzt für 15:30 MESZ geliefert wurden, um 14:15 Uhr einen Wert von 1,92m somit über der Prognoseschwelle. Somit wäre eine pegelbezogene Warnung an den Landkreis fällig gewesen. Die Anfrage an das LfU nach den Zeitstempeln für die jeweiligen Eingangsdaten habe ich nicht beantwortet bekommen.

Im Datawarehousing bin ich gewohnt, dass alle Datensätze mit einem Einfüge- und Änderungszeitstempel in die Datenbank geschrieben werden. Die Anfrage danach wurde leider nicht zu meiner Zufriedenheit beantwortet.

Ich gehe davon aus, dass die Daten noch regulär gesendet wurden, somit wäre im Normalfall gegen 14:30 Uhr eine Warnmail mit der Information, dass der Pegel überschritten wurde an den Landkreis fällig gewesen. Grundsätzlich hätten zu diesem Zeitpunkt in der LfU Warnglocken läuten müssen, da eine frühzeitige Warnung über die Prognose über die Modelle verpasst wurde.

Pegelbezogene Warnung 18:26

Zentrales Problem an dem Tag war die Warnung um 18:26 mit dem VZP 16 Uhr MEZ. Im U-Ausschuss hat Herr Bettmann wiederholt, dass laut der Mitarbeiters Herrn D. die Ursache bei der höheren ICON-D2 Regenmenge in der Prognose in der vorhergehenden Prognose gewesen sei.

Quelle Aussage in U-Ausschuss

Hier fehlt mir als Experten für Datenflüsse die Information wie hoch die Gesamtmenge für den Tag bis 22 Uhr war. Also die Summe aus Prognose und der bekannten Istwerte. Es ist qualitativ ein Unterschied, ob die 30mm Regen von 16 Uhr auf 14 Uhr vorgezogen wurden oder nur fehlen.

Hier hat mich die Aussage von Herrn Bettmann nicht überzeugt. Es fehlt mir die Gesamtbetrachtung

Im Nebensatz hat Herr Bettmann erwähnt, dass der Pegel in Müsch Aussetzer hatte. Was er nicht erwähnt hatte ist, dass für die Vorhersage mit Entwarnungscharakter zusätzlich ein Softwareproblem existierte:

Email von LfU in anderem Blogartikel referenziert

Man erkennt, dass der Pegel in Müsch (324 km² EZG) in der Prognose VZP 16 nur bis etwa 102cm geht (Wert von 12:00 MEZ). In der Prognose VZP 13 war der Wert etwa 150cm. (Wert von 12:45 MEZ 147 cm) Der letzte Wert von 14:30 MEZ war 253cm. Das ist ein Unterschied von 1,5m bzw. statt 15m³/s hätte das Modell mit etwa 105 m³/s rechnen können.

Quelle Warnemails der LfU über Fragdenstaat — genauer betrachtet in einem früheren Blogartikel

Hier meine Überlegung. Wie hätte die Prognose mit VZP 16 für 18:26 ausgesehen, wenn man die Werte vom Hauptpegel bis 14:30 MEZ statt bis 12:00 MEZ genommen hätte? Die Modelle mit anderen Werten laufen zu lassen dürfte kein Problem sein. Denke der U-Ausschuss wird dies aber nicht anfordern können. Bleibt Goodwill der LfU oder ein externes Gutachten.

Diese Reduktion der blauen Linie zwischen den Mails ist mir bei der ersten Sichtung der Kurven aufgefallen. Dies hätte meiner Meinung nach auch den Experten bei der LfU am Tag des Hochwassers auffallen können.

Herr Bettmann hat erwähnt, dass wegen Corona die Mitarbeiter überwiegend im Home-Office waren. Dies beißt sich etwas mit der Folie aus einer Präsentation der LfU beim Meeting der EFAS 28.10.2021:

OPAL RLP

Im Bild sind 2 Mitarbeiter vor Ort im “Flood Forecasting Center in Mainz”, wenn alle im Homeoffice waren, waren die schönen Arbeitsplätze mit jeweils 4 Monitoren und dem großen Display oben verweist und im schlimmsten Fall mussten die Mitarbeiter mit einer halben Ausstattung auskommen. Für die direkte Kommunikation untereinander ist es auf jeden Fall hinderlich.

Ich hatte schon 2 mal erfolglos nach den Schichtplänen gefragt. Relevant wäre hier auch wer in Präsenz und wer im Home-Office war, wie die Ausstattung im Home-Office war und wie die Kommunikation sicher gestellt wurde. Auch die jeweiligen Aufgaben der zuständigen Personen wären hilfreich.

Die Aussage, dass die reduzierte ICON-D2 Vorhersage ursächlich für die reduzierte Prognose war ist mir ohne ein Modelllauf mit den vorhandenen Werten bzw. den letzten Werten aus der Prognose VZP 13 zu dünn. Der Pegelausfall in Müsch ist meiner Meinung nach zu wenig in die Betrachtung eingegangen

17 Emails an den Landkreis durch die LfU

Herr Bettmann, Leiter der Abteilung Hydrologie, LfU, Mainz hat im UAusschuss ausgesagt, dass 17 automatische Emails an den Landkreis gesendet wurden. In der Antwort auf meine fragdenstaat-Anfrage mit den automatischen Emails bis zum 15. Juli habe ich 10 EMails mit Zeitstempel erhalten. Am 14. Juli waren es die schon bekannten Mails von 15:26, 18:26 und 21:26. Für den 15. Juli habe ich 7 Emails erhalten.

Anfrage fragdenstaat.de

Die 7 automatischen E-Mails ab dem 15. Juli waren quasi nur Wiederholungen und somit fast ohne zusätzlichen Wert, insbesondere, da die Scheitelwelle zu dem Zeitpunkt schon vorbei war.

Zusätzlich wird die Hochwasserfrühwarnung an die Landkreise per EMail gesendet.

Dies ergibt eine Email am 13.7 13:49 für Warnstufe 2 und am 14.7 um 11:17 (W4) Uhr und 17:17 Uhr (W5). Um 19:51 wurde die Meldung in KatWarn aktualisiert hier ist es möglich, dass auch noch mal eine EMail an den Landkreis versendet wurde. Bleibt zu fragen was der Inhalt der mir fehlenden 3 Emails ist. Möglicherweise wurden die Mails mit der Herabstufung der Warnstufen in KatWarn auch mitgezählt.

Insgesamt empfinde ich die Angabe der Zahl der Emails eher als Nebelkerze mit der durch die große Anzahl Aktivität vorgespielt werden soll, die so nicht vorhanden war.

Erfahrungen aus Treffen mit dem Krisenstab

Herr Molé, Leiter der Vorhersage- und Beratungszentrale des DWD hat ausgesagt, dass er während des Starkregenereignisses Anfang Juli 2021 beim Krisenstab des Landkreises Ahrweiler war, um sich die Arbeit eines Krisenstabs genauer anzuschauen. Laut seiner Aussage ist es wichtig mindestens mit einer Konferenzschaltung die Information der Wetterexperten oder auch Hydrologen den Entscheidern vor Ort zu teilen.

Herr Bettmann hat ausgesagt, dass er seit dem er in seiner jetzigen Position ist (> 2,5 Jahre) kein einziges mal bei der operativen Arbeit vor Ort um sich ein Bild zu machen. Beim Hochwasser 2016 war er noch nicht dabei. In einer EMailanfrage die ich nach Kenntnisnahme der Präsentation der LfU beim Onlinemeeting der EFAS in OPAL hatte ich nach Schulung von neuen Mitarbeitern für extreme Hochwasserereignisse gefragt.

Quelle Präsentation der LfU beim Onlinemeeting EFAS

Hier ist die Frage im speziellen zu stellen wie der Leiter der Abteilung Hydrologie für den Einsatz im Hochwasserfall über das Thema Extremhochwasser geschult war. Da er ja den Telefondienst nach außen übernommen hat müsste er ja geschult worden sein.

Hier bleibt ein schales Gefühl übrig. Hier wäre es gut nochmal den Sachverständigen Reich aus Baden-Württemberg zu hören um dieses Vorgehen zu bewerten. Die Aussage von den Zeugen des DWD war, dass die Hydrologen die Experten dafür sind was passiert wenn das Wasser am Boden angekommen ist, diese müssen die Menschen vor Ort informieren und beraten.

Kommunikation mit dem Katastrophenschutz/Krisenstab

Eine aktive Kommunikation von der LfU mit den verantwortlichen vor Ort war nicht vorhanden, es wurden automatische EMails versendet und die Meldungen an die technischen Systeme weitergeleitet. Eine aktive Beratung ist nicht vorgesehen. Bei den Ausfällen der Pegel wurde nicht aktiv nach Pegelständen für die Modelle gefragt. Somit war man auch bei der LfU auf einem Auge blind.

Die Experten für die Modelle sollen auch laut Aussage von Herrn Bettmann die Computer bedienen und nicht durch Eindrücke aus dem Feld belastet werden.

Es gibt eine Telefonnummer bei der LfU, die angerufen werden kann und mehrfach zu unterschiedlichen Zeitpunkten unter anderem von Frau Weigand angerufen wurde.

Bei der ersten telefonischen Anfrage von Frau Weigand musste sie erst zurückgerufen werden. Scheinbar war das Telefon nicht direkt besetzt. Die Telefonate hatte Herr Bettmann geführt.

Von den Herren des DWD, die im UAusschuss ausgesagt hatten waren 3 im Urlaub und es gab eine Vertretungsregelung. Ihre Arbeit und vor allem die Arbeit der operativen Personen an den Computern und Telefonen hat auch ohne sie funktioniert. Ein Zeuge hat den Aufbau des Schichtbetriebs beim DWD erklärt. Dort ist auch klar geregelt, dass die Beratung durch die Experten durchgeführt wird.

Hier ist die Frage wer in der LfU das Telefon abnehmen sollte wenn Herr Bettmann mal im Urlaub wäre und wie der Schichtbetrieb grundsätzlich geregelt ist.

Im UAusschuss werden am 4. Februar noch 2 weitere Mitarbeiter der LfU aussagen. Herr Demuth und Frau Johst (hier ist in der Einladung offensichtlich ein Tippfehler beim Namen). Im Gegensatz zu Herr Bettmann waren beide schon während des Hochwassers im Ahrtal 2016 aktiv und waren beteiligt für eine Publikation der LfU das Hochwasser 2016 und auch Nachfolgende aufzubereiten.

Eigene Darstellung Quelle LfU

Die Aussagen der beiden werden sicher Licht ins Dunkel bringen. Aber die Frage ist inwieweit das LfU hier ein Freigabe für öffentliche Aussagen im Nachhinein der Sitzung oder für die Sitzung gibt. Herr Bettmann ist am 28. Januar für ein Interview mit dem Deutschlandfunk nicht bereit gestanden. Somit habe ich die Befürchtung, dass die breite Öffentlichkeit erst mit dem Untersuchungsbericht informiert werden wird.

Wären frühere Warnungen möglich gewesen und hätten sie etwas gebracht?

Motivation

Als Mitglied einer freiwilligen Feuerwehr beschäftigt mich unter anderem der Tod der Feuerwehrfrau Katharina. In einem Bericht des ZDF wird die Trauer der Eltern deutlich. Ich möchte hiermit mein Mitgefühl bekunden.

Die Kaskade Daten -> Information -> Wissen (bzw. Handeln) hat mehrere Aspekte. Die Eingangsdaten sind klar. Die Information wird repräsentiert durch die Warnungen durch das LfU. Die Handlung ist für den Fall des Campingplatzes Stahlhütte/Dorsel die Räumung des Platzes, die Frage ist unter welcher Voraussetzung der Platz geräumt werden sollte.

Focus Online

Hier fehlen mir leider die Zeitpunkte der beiden Aktionen Vorwarnung (Aufforderung den Platz zu räumen)und des missglückten Räumungsversuches. Die Pegelstände in Müsch wenige km Flussabwärts sind relativ gut nachzuvollziehen und auch berechenbar. Es fehlt mir die niedergeschriebene Planung unter welchen Vorbedingungen im lokalen Alarm und Einsatzplan Hochwasser diese Aktionen geplant waren. Eine Anfrage danach blieb bisher leider erfolglos. Für die Bewertung der Qualität der Arbeit der LfU ist es aber extrem wichtig ob eine frühere Warnung hier etwas gebracht hätte. Mein Eindruck ist, dass es der Zugführerin aus Antweiler leichter gefallen wäre die Räumung des Campingplatzes anzuordnen, wenn die Lila Warnung schön früher gekommen wäre.

Hochwasserfrühwarnung Lila, wann frühstens?

Die Warnung an KatWarn ging 17:17 raus. In der Beschreibung der LfU wird deutlich gemacht, dass die Frühwarnung für Flüsse <500 km² Einzugsgebiet gilt. Der Pegel Müsch fällt mit den 353 km² EZG darunter. Für Altenahr 746 km² gilt wohl, dass dort die pegelbezogene Warnung führend ist.

Im folgenden will ich Überlegungen vorstellen wie eine frühere Warnung mit den vorhandenen Daten möglich gewesen wäre.

Integration HW100 in Ensemblemodell: 11:17

Wie oben geschrieben wäre bei korrekter Parametersetzung durch ein erweitertes Modell schon 11:17 Uhr die Meldung Lila über KatWarn verbreitet worden.

Pegel an einer der 7 Pegelmessstationen über HW50: 16:30

Die LfU wirbt damit, dass ihre Frühwarnung über das Ensemblemodell, dass alle 3 Stunden berechnet wird besser sei als die Pegelstände zu nutzen.

Quelle LfU

Es ist qualitativ ein Unterschied ob eine Hochwasserwarnung Lila angegeben wird oder etwas niedrigeres. Ein Hochwasser >HW50 führt zu enormen Schäden. Dies zu kommunizieren ist wichtig. Die Meldung über KatWarn ist ja nicht nur zum Spaß.

Der Pegel in Müsch ist um 15:30 bei 2,53m ausgefallen. Das ist noch der Wert eines HW10. Laut von Hand eingetragener Werte in der Übersicht der Pegeldaten, die mir nach Anfrage zugeschickt wurden war 16:30 der Wert für HW50 überschritten. Somit hätte die KatWarnmeldung bei Nutzung der Echtpegeldaten um 16:30 Uhr versendet werden müssen.

Das Vorgehen bei einem ausfallenden Pegel ist, dass ein Reparaturtrupp zum Pegel geschickt wird. Eine aktive Abfrage der Pegelstände ist nicht vorgesehen. Die Antwort von Herr Bettmann hat sich in etwas danach angehört, dass “Laien” eh nicht in der Lage wären die Pegel abzulesen und es ohnehin bei zusammenbrechendem Mobilfunknetz nicht möglich gewesen wäre jemanden zu erreichen. Wieso dann die Daten aus Kirmuthscheid 4,7 km Flussaufwärts am Trierbach noch kamen hat er nicht erläutert. Dieser Pegel hätte ja auch unter fehlendem Handynetz leiden müssen.

Somit wäre es möglich gewesen den Pegelstand über HW50 abzufragen und somit die Lila Warnmeldung um 16:30 Uhr ohne überhaupt Daten aus dem DWD ICON-DE Ensemble Modell nutzen zu müssen zu triggern.

Damit wäre aber der gesamte Aufwand des DWD überflüssig. Die machen sich Gedanken was sie besser machen können und das LfU schlägt nicht mal die Prognosegüte wenn man den Pegel abliest.

Nutzung pegelbezogener Warnung: 12:26

Die Trennung ICON-D2 Ensemble für die Frühwarnung und ICON-D2 für die pegelbezogene Warnung erschließt sich mir nicht. Somit wäre die Warnung Lila auszulösen ab dem Zeitpunkt ab dem die Warnschwelle HW50 in einer pegelbezogenen Berechnung erreicht ist. Um 12:26 wurde ein Maximal-Wert von 3,5m für Altenahr vorhergesagt. Der Wert vom 21.12.1983 mit 214 m³/s war 3,49m und HQ50 ist 212 m³/s. Somit läge der Wert von 3,5m über dem Wert für HW50 und die pegelbezogene Warnung hätte die Lila Meldung KatWarn ausgelösen können.

Da der Pegel Altenahr ja über der 500km² EZG Grenze liegt, könnte man jetzt sagen, dass es ja nicht vorgesehen ist die Frühwarnung nur aufgrund dieses Pegels zu triggern. Hier ist möglicherweise eine Warnlücke über KatWarn. Es erschließt sich mir nicht, dass bisher nicht vorgesehen ist, wenn ein Pegel an einem mittleren Fluss (>500km² EZG und nicht in der Liste der genannten Flüsse) überschritten wird eine Meldung über KatWarn über die LfU zu versenden. Es kann nicht Aufgabe des Landkreises sein diese Meldung nach Erhalt der automatischen Email aus der LfU zu erstellen. Insbesondere, da die Zeit zwischen pegelbezogener Warnung und eintreffen der Lage sehr kurz ist.

Pegel + Niederschlagsradarvorhersage: ~14:30

Der Pegel in Müsch ging 16:30 über den Wert von HW50. Die um 14:30 verfügbaren Daten müssten ohne Werte aus ICON-D2 Ensemble gereicht haben, dass zu >99,9% der Wert im Modell um 16:30 überschritten wird. Wahrscheinlich hat es davor schon gereicht, dass der Wert überschritten wird. Hier müssten die Modelle für alle verfügbaren Zeitpunkte durchgerechnet werden.

Mein Ergebnis

Die Hochwasserfrühwarnung Lila ging 45 Minuten bis 6h zu spät an die Bevölkerung und Rettungskräfte. Alle Todesfälle und waghalsigen Rettungsversuche von Menschen und Rettungskräften, die bis 18:17 Uhr in einem Bereich HQ100 passiert sind wären somit zu vermeiden gewesen. Zusätzlich wäre es möglich gewesen Vorbereitungen für ein Extremhochwasser deutlich früher starten.

Email an den Landkreis wann frühstens?

Gleiches wie für die Warnung der Bevölkerung über KatWarn gilt für die Warnkette pegelbezogene Warnung über den Landkreis.

Hier ist es auch elementar die bereitgestellte Information der LfU mit den Alarm- und Einsatzplänen Hochwasser der Verbandsgemeinden, Städte und des Landkreises abzugleichen. Diese wurde mir bisher weder über Anfragen über fragdenstaat.de noch über Presseanfragen zugesandt. Somit ist es ein stochern im Nebel was die Auswirkung von korrekteren Warnmeldungen gewesen wäre.

Ist-Pegelstände: 14:15

Eine Warn-Email an den Landkreis hätte bei Überschreiten des Wertes von 1,8m um 14:15 spätestens gesendet werden müssen.

Pegel + Niederschlagsradarvorhersage: ~12:15

Grundsätzlich hätte ein Modell Pegel + Niederschlagsvorhersage vor 14:15 dies erkennen müssen. Die letzte Berechnung mit den Ensemblemodell vor 14:15 Uhr war 12:26 Uhr mit den Daten von VZP 10 von 11:00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt haben die Daten über diese Berechnungsmethode noch nicht gereicht um eine Pegel-Prognose von 1,8m in Müsch innerhalb der nächsten 5h zu erreichen. Wahrscheinlich hätte eine Berechnung zum Kalkulationszeitpunkt nach der anderen Methode ausgereicht.

Grundsätzlich wäre zu prüfen ab welchem Zeitpunkt die 1,8m für Müsch in diesem Modell erreicht worden wäre.

Nutzung Kalkulation 12:26:

Bei einer Kalkulation alle 3 Stunden und einem Vorhersagebereich von 5h ist für mich die Frage was soll passieren, wenn in 5:01 Stunden der Wert überschritten werden wird. Die durchgeführte Methode nichts zu machen und einfach abzuwarten was die nächste Berechnung sagt reduziert wenn der Regen fällt wie vorhergesehen die Vorlaufzeit im Extremfall auf 2:01h statt etwa 5h. Hier in diesem Fall war es so, dass es wohl mehr geregnet hatte oder der Regen deutlich schneller als erwartet abgeflossen ist und somit der Pegel in Müsch den Wert von 1,8m schon um 14:15 überschritten hatte. Das wurde so ja nicht vorhergesehen.

In Baden-Württemberg werden stündlich Kalkulationen durchgeführt. Damit wäre der Blinde Fleck deutlich kleiner.

Nutzung Ensemblemodell:

In Baden-Württemberg wird beispielsweise für den Dreisampegel mit einem EZG von 257 km² folgende Grafik auf der Webseite veröffentlicht:

HVZ Baden-Württemberg

Der Pegel in Müsch hat 353 km² Einzugsgebiet. Da die gleiche Software eingesetzt wird und die Inputdaten auch aus den gleichen Quellen kommen müssten die gleichen Kalkulation möglich sein.

Als Landkreis würde ich eine Vorwarnung erwarten, wenn in einem Modell der Schwellwert in naher Zukunft überschritten werden könnte.

Wie oben geschrieben ist mir noch unklar wie die 5h zu lesen sind. Es ist gut möglich, dass es technisch gesehen nur 3,5h sind. Dem werde ich evtl. noch nachgehen.

Mein Ergebnis

Die Warnung in 5h wird ein Pegel den vordefinierten Schwellwert überschreiten kam um 15:26. Der Pegel ist 14:15 schon über dem Schwellwert gewesen. Somit ist zu prüfen was in der Modellverwendung besser gemacht werden kann um die Warnung schon um 10:00 Uhr (4:15h vor Schwellwertüberschreitung) versenden zu können. Zwei naheliegende Methoden hätten dazu geführt, dass vor 12:30 Uhr die Warnung versendet werden hätte können. Somit ist auch hier ein Warnverzug von über 3 Stunden entstanden.

Thema Prognose Pegel Altenahr über oder unter 4,50m

Ich kann mich daran erinnern, dass ich gelesen hatte, dass der Feuerwehr-Kommandant von Altenahr in einem Interview gesagt hatte, dass die Alarm- und Einsatzpläne Hochwasser bis zu einem Pegel von 4,50m definiert waren. Es ist also elementar für die Einsatzplanung ob die Prognose bzw. der zu erwartete Wert über oder unter 4,50m ist. Bei unter kann man mit den zuvor definierten Mitteln das Hochwasser abarbeiten. Bei über nicht mehr.

Das ist vergleichbar mt der Unterscheidung zwischen einem GAU und einem Super-GAU.

Eigene Darstellung — Nutzung teilweise von Beiträgen in Social Media

Mein Eindruck aus der Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss war, dass für Herrn Bettmann dieser Unterschied nicht klar war und er mit einer Warnung über dem Hochwasserstand von 2016 mit 371 cm am Pegel Altenahr zufrieden war, da dies ja auch zuvor nicht erreichtes überschritten hatte.

Situation VG Adenau

Die VG Adenau ist mehr oder weniger außen vor, da hier laut Definition eher nur die gebietsbezogene Frühwarnung gilt. Zusätzlich habe ich für den Pegel in Müsch, der davon betroffen wäre keine genauen Daten des Pegels. Im Nachhinein wurde für 18:30 ein Wert von 371 cm in das System eingetragen der Maximalpegel ist mit 400cm um 20:00 angegeben.

Die 3 per Email versendeten Prognosen waren:

Eigene Darstellug

Somit ist auch dort der Maximalwert der Scheitelwelle unterschätzt worden und zusätzlich wurde das Maximum um 4 Stunden zu spät gesehen.

Hier wird es auch wieder schwer die Situation einzuschätzen, ob die Reduktion von 3,6m auf 2,9m um 18:26 eine Auswirkung haben konnte. Ohne Alarm- und Einsatzplan und gemessene Pegelstände ist es schwer. Es wäre sicher hilfreich gewesen es zu wissen, dass die 370cm schon um 18:30 überschritten werden und nicht erst 4-5 Stunden später der enorme Pegelanstieg kommt.

Situation VG Altenahr

Für die Planung und Auswirkung in der VG Altenahr (33 Todesfälle) war der niedrige Prognosewert von 406 ab 18:26 Uhr relevant. Die Prognose um 15:26 Uhr hatte einen Maximalwert von 610 cm und ein Überschreiten des Wertes von HW50 (Pegel etwa 350 cm) um etwa 21:00 Uhr (Pixel gezählt). Der Anruf von Frau Weigand um 15:30 bei der LfU war ja genau deswegen um die Qualität der Prognosewerte abzufragen.

Ob die Email an den Landkreis automatisch an die Verbandsgemeinden bzw. Feuerwehren weitergeleitet wurde habe ich nicht nachgefragt, aber offensichtlich war Frau Weigand ziemlich zeitnah informiert somit kann man von einer automatischen Weiterleitung ausgehen.

Quelle Facebookpost der FFW Dernau — bzw Email an Landkreis Ahrweiler

Bis 21:00 Uhr (HW50) war noch genug Zeit um nicht im Alarm und Einsatzplan vorgesehene Maßnahmen zu planen, die im Fall des überschreiten der 6m notwendig waren.

Die Prognosesenkung um 18:26 auf 4,06m war in der Hinsicht eine faktische Entwarnung, da dann wieder auf den zuvor festgeschriebenen Plan zurückgegriffen werden konnte.

Ab diesem Zeitpunkt war die Prognose deutlich unter/hinter der Realität und somit unbrauchbar.

Die Prognose von 18:26 (406cm) wurde überschritten bevor eine folgende Prognose erstellt wurde. Der Pegel hatte zwischen 19:30 (391cm) und 19:45 (429cm) die Prognose von 406 cm überschritten.

Die Prognoseänderung zwischen 20:03 Uhr und 20:10 Uhr auf 530cm war auch nur weniger als 30 Minuten über dem Iststand. Hier wurde am Redundanzpegel zwischen 20:15 (509cm) und 20:30 (541cm) der Prognosewert überschritten.

Somit war die Warnung um 20:10 mit 510 cm als neuer Scheitelwert immer noch zu niedrig. Für die Einsatzkräfte war dieser Wert keine zusätzliche Information zu einem eigenständigen Ablesen des Pegels vor Ort.

Die Prognose über 6,90m, von der ich einen Screenshot von 21:02 Uhr habe war dann maximal 1h vor der Welle, ob dadurch der Einsatz noch gerettet werden konnte bleibt für mich unklar.

Bei der Diskussion über den Maximalwert wurde bisher die zeitliche Komponente nicht betrachtet. Insofern haben die Modelle hier ein falsches Bild geliefert und die Brisanz der Situation unterschätzt. 4 Stunden früher ergeben einen deutlichen Unterschied.

Situation Bad-Neuenahr Ahrweiler

In Bad-Neuenahr Ahrweiler (69 Todesfälle) hatte die gesenkte Warnung für etwa 2h die Auswirkung, dass der Besuch des Innenministers mit der niedrigeren Prognose zusammengefallen ist.

Trotzdem hätten die Istwerte flussaufwärts ausreichen müssen die Situation zu entschärfen. Hier hat die Kommunikation (Holschuld) in den Krisenstab nicht funktioniert. In den Alarmplänen für andere Gebiete, die ich nach der Flut durchgeschaut hatte war immer eine Dokumentation der relevanten Istpegelstände enthalten. Hier hätte der letzte Pegelstand von Altenahr (5,09 bzw. 5,75) und das fehlen eines weiteren Standes reichen müssen um auch ohne korrekte Prognose von der LfU und ohne persönliche Kommunikation mit der LfU die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Situation Sinzig

Für Sinzig (13 Todesfälle) war die gesenkte Prognose eventuell während des Übergangs vom Tag zum Nachtdienst in der Einrichtung mit den 12 Todesfällen. Aber hier war noch genug Zeit um auch noch nachdem der Pegel in Bad Bodendorf entsprechende Stände überschritten oder die Prognosewerte näher kamen zu reagieren. Auch die Warnung des Landkreises dürfte in diesem Fall fast noch früh genug gewesen sein. Hier war die Ausdehnung der Warnung (50m links und rechts) sicher nicht groß genug.

Ich frage mich wieso in dieser Meldung des Krisenstabs nicht die Gebiete des HQextrems gewarnt wurden. Das wäre ein deutlich größeres Gebiet gewesen.

Ich sehe nicht, dass ein besseres Warnverhalten von der LfU zu einer Reduktion der Todesfallzahlen in Sinzig geführt hätte. Hier sind die Personen vor Ort Betreiber und Katastrophenschutz in der Verantwortung.

Einschätzung

Meiner Meinung nach kam die Senkung der Prognose zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt die Dauer der reduzierten Prognose von 1:50h war auch über dem in Baden-Württemberg verwendeten Prognoseintervall von 1h. Hier würde es mich extrem interessieren wie eine Anzeige wie sie in Baden-Württemberg verwendet wird im Zeitraum zwischen 15:00 Uhr und 22:00 Uhr stündlich unter anderem für die 3 Pegel Müsch, Altenahr und Bad Bodendorf ausgesehen hätte.

Neues Thema Scheitelpunkt war früher als im Modell

Zusätzlich fehlt mir bisher eine Bewertung des zeitlichen Eintreffens der Hochwasserwelle im Vergleich zu den Warnungen der LfU, dieser zweite Punkt ist in der Diskussion bisher untergegangen.

Ich hatte eine Diskussion auf Twitter mit dem Ersteller von einem privat erstellten Abflussmodells für das Ahrtal. Er hatte für sein Modell Waldprobleme mit Trockenheitsschäden berücksichtigt und somit konnte er den Effekt der früheren Scheitelwelle etwas nachvollziehen.

Ein zusätzlicher Tipp von ihm ist:

Quelle private Nachricht

Die Waldschäden der letzten Jahre haben somit eventuell zu einem schnelleren Abfluss gesorgt. Dies würde aber bedeuten, dass die Modelle nicht komplett waren. Hier scheint Forschungsbedarf zu bestehen.

Zusammenfassung

Der Besuch der Sitzung des Untersuchungsausschusses hat mir noch mal die Gelegenheit gegeben den Ablauf der Warnkette zu rekapitulieren und somit habe ich jetzt ein kompletteres Bild wie die Warnung der LfU RLP einzuschätzen ist.

In einem früheren Beitrag hatte ich aus den Hochwasserberichten einige Ansatzpunkte, die der Hochwassermeldedienst angedacht hatte und die aus den damals beschriebenen Schwierigkeiten aufgeführt:

Meine damalige Schlussfolgerung

Ich bin gespannt was man aus der Sitzung am 4. Februar erfahren wird. Wichtig für mich ist, dass die richtigen Fragen gestellt werden und dass die Medien die Antworten auch verbreiten. Ansonsten gilt es auf den fertigen Bericht zu warten, das wird aber dauern.

--

--

Thomas Strub

Diplom Informationswirt. Arbeite als Softwareentwickler. Schlage zu oft die Hände über dem Kopf zusammen wenn ich S-Architektur sehe — Lebe im schönen Breisgau.