Ist der Windpark Breisgau ein tolles Projekt?
Vor kurzem habe ich mir ja die Punkte der BI “Unser Breisgau” gegen die in Ehrenkirchen geplanten Windkraftanlagen angeschaut. Sehr viel heiße Luft.
Jetzt ist die Frage: Sind die Unterlagen von iTerra dem Projektentwickler besser? Und welche Fragen werden darin nicht beantwortet, die durchaus auch zu stellen sind?
Zuerst betrachte ich Folien aus der Präsentation von iTerra im Gemeinderat vom 18.07.2023 danach die erweiterten Folien aus dem Sitzungspaket von der Sitzung vom 26.03.2024
18.07.2023 Folie 7
CO2 Bilanz in der Region senken
Hier gefällt mir der Ansatz nicht. Es widerspricht dem ökonomischen Prinzip des sinnvollen Ressourceneinsatzes. Was ja auch eins der Nachhaltigkeitsziele ist. Hier wird dem hier produzierten Strom ein höherer Wert zugesprochen als einem an anderer Stelle produzierten. Wenn die Leitung eh gebaut werden muss um längere Flauten zu überstehen ist es sinnvoller dort zu bauen wo der Grenznutzen am höchsten ist. Die Gießkannenvorgabe von 1,8% führt zu ineffizienter Investition, die am Ende alles teurer macht.
Kommunales Energiemanagement: Energiesparen und Steigerung der Energieeffizienz
Das ist ein Punkt, der Null mit dem Bau einer Windkraftanlage zu tun hat. Wenn es sich lohnt macht man es auch ohne den Bau. Wenn es sich nicht lohnt sollte man etwas anderes machen.
Attraktivitätssteigerung in der Region für Unternehmensansiedlungen
Meiner Meinung nach sollten die Unternehmen die es schon gibt da bleiben wo sie sind und nicht umziehen müssen. Es ist für mich ein Zeichen von falscher Politik, wenn es notwendig ist wegen Strom den Unternehmensstandort zu wechseln.
Als wichtigeren Punkt sehe ich aber, dass man Unternehmen dort ansiedeln sollte wo es größere Probleme mit Strukturwandel gibt und gab. Wieso wird in Grünheide ein neues Werk gebaut aber im Ruhrgebiet sind riesige Flächen frei? Mit bestehendem Güter-Bahn und S-Bahnanschluss.
18.07.2023 Folie 8
Einnahmen Gewerbesteuer
Gewerbesteuer fällt nur bei Gewinn an. In den ersten Jahren führen FK-Zinsen, Abschreibungen und wahrscheinlich noch aufgelaufene Projektierungskosten zu einer Gewinnreduktion. Wenn dann zusätzlich der Wind weniger bläst als in den Prospekten ausgemalt kann es viele Jahre zu keinen versprochenen Gewerbesteuereinnahmen kommen.
Abgabe 2€/MWh
Da sollte man genauer schauen wo das Geld für die 2€/MWh her kommt.
Ich lese das so, dass die 2€/MWh vom Stromkunden über das Netzentgelt an die Gemeinde bezahlt werden.
Da ED-Netze aber schon ein durch EE-Ausbau überdurchschnittliches Netzentgelt hat wird durch zusätzliche Anlagen nur die Umlage an andere Netzbetreiber durch einen Wälzungsbetrag erhöht. Vor Ort scheint es keine direkte Erhöhung des Strompreises zu geben, nur Deutschlandweit um eben die 2€/MWh.
Finanzielle Beteiligung für Bürger und Kommunen
Bei Windkraft in Regionen mit einer mittleren gekappten Windleistungsdichte (W/m²) von 250–310 W/m² in einer Höhe von 160m über Grund sollte sich jeder Bürger und jede Kommune lange überlegen ob eine finanzielle Beteiligung Sinn macht. Ich bin gespannt auf die Wirtschaftlichkeitsrechnungen
Aufwertung von Flächen über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
Das ist jetzt ein Punkt den ich gar nicht verstehe. Ausgleichsmaßnahmen sollten ja einen Teil des Schadens, den ein Projekt verursacht kompensieren. Aber es wird während der Laufzeit der Windräder immer schlechter sein als wenn keins gebaut werden würde. Evtl. wenn komplett alles zurück gebaut ist könnte der Status besser sein als zuvor. Aber davon hat man die nächsten 25 Jahre kaum etwas. Zusätzlich geht dann teilweise von der knappen Fläche für die Landwirtschaft etwas verloren.
Wobei eine Idee hätte ich … Aufwertung der Staufener Burg. Die BI Unser Breisgau nennt die Verschlechterung des Landschaftsbildes als ein Hauptkritikpunkt. Was läge näher als die Aufwertung durch eine wirkungsvolle Sanierung der Burgruine? Um dann nach dem Abriss der Anlagen nach Ende der Förderung von einem aufgewerteten Landschaftsbild zu profitieren.
Förderung von regionalen, kommunalen sowie gemeinnützigen Einrichtungen
Das hört sich nach profanem Whitewashing des Projektes an. Wir spenden x-Promille des Umsatzes/Gewinns an irgendwen. Man könnte das auch als kaufen von Befürwortern ansehen.
Ich brauch das nicht.
Im Informationspapier des Bundesverband WindEnergie wird zu den oben genannten 2 €/MWh gesagt, dass dies explizit keine Bestechung wäre, da im EEG so hinterlegt. Bedeutet für mich im Umkehrschluss dass bei der angekündigten Förderung von Einrichtungen ohne Rechtsgrundlage das “keine” aus dem obigen Satz wegfallen könnte.
Abschluss von Instandhaltungsverträgen für genutzte Straßen und Wege
Das überzeugt mich auch nicht als positiver Punkt.
Es sollte doch unbestritten Pflicht dessen sein, der eine Straße größer haben will oder beschädigt das auch zu bezahlen. Was verbessert hier den Zustand?
Präsentation Juli 2023
18.07.2023 Folie 10
Mir fehlt das Kriterium Wirtschaftlichkeit.
Möglicherweise liegt die gesamte Fläche im Bereich mit einer mittleren gekappten Windleistungsdichte (W/m²) von 250–310 W/m². Aber das wir schon ziemlich dünn, einige Teile der Fläche liegen eher im Bereich 190–250 W/m² und durch gegenseitige Verschattung wird der Durchschnittsertrag auch geringer.
18.07.2023 Folie 12
Eine Inbetriebnahme 2029 bedeutet, dass dann der Wert von Strom bei relevanter PV-Einspeisung bei 0 liegt, da es hier in Baden-Württemberg sehr viele PV-Anlagen gibt und viele weitere hinzugebaut werden. Das müsste die Wirtschaftlichkeit deutlich reduzieren.
Präsentation März 2024
26.03.2024 Folie 4
140 MW umgesetzt 1200 MW in der Entwicklung. Bedeutet bei einer Projektlaufzeit von 6 Jahren, dass iTerra in jedem der kommenden Jahre mehr Leistung an Windanlagen in Betrieb nehmen will wie es bisher insgesamt geschafft hat. Meiner Meinung nach ein ungesundes schnelles Wachstum.
26.03.2024 Folie 7
Meine erste Einschätzung ist, dass die Lage der Windräder nur die einzelnen Höfe auf der Schwarzwaldseite betrifft. Wenn, aber dann ziemlich häufig.
26.03.2024 Folie 8
Hier gilt, was ich schon vor kurzem geschrieben hatte:
Meiner Meinung nach ist es ein berechtigtes Anliegen keinen zusätzlichen Lärm zu erzeugen und damit auch Menschen vor Lärm zu schützen. Bei neuem, durchgehendem Lärm, der durch technische Anlagen erzeugt wird ist die Akzeptanz sehr niedrig. Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm mögen zwar rechtlich eine Grenze sein, aber mit dem maximalen Vorsorgeprinzip das an anderer Stelle gefordert wird, würde ich mir hier niedrigere Schwellen für Windkraftanlagen in Schwachwindregionen wünschen.
Insbesondere das Verfahren um den in der BZ so genannten “Gersbacher Windpark-Lärmstreit” für den Windpark Rohrenkopf sorgt bei mir nicht für viel Vertrauen. Nachbesserungen oder gar ein Rückbau falls sich in der Lärm-Berechnung für die Genehmigung Fehler eingeschlichen haben sind damit über eine Lärmmessung nicht zu erreichen.
Somit muss im Vorfeld sehr genau darauf geachtet werden, dass hier sauber gearbeitet wird.
26.03.2024 Folie 9 — Flächenfraß
Mir gefällt es nicht, dass vorrangig weitere Flächen aus der Kulturlandschaft für Ersatzmaßnahmen entnommen werden sollen. Das verstärkt die Konkurrenz der Nutzungsformen.
26.03.2024 Folie 10 — Im Wald?
Diese Folie passt nicht zum so richtig zum Wald in Ehrenkirchen. Fichtensterben ist jetzt von meinem Eindruck her nicht ein dringendes Problem. Aber für die BI ist das zweite Projekt auch kein so großes Thema, sonst wäre sie schon vor einigen Jahren gegründet worden als damals schon die Zustimmung für Windkraft in Ehrenkirchen erteilt wurde.
26.03.2024 Folie 10— Flächenverbrauch
Ich finde die Definition von Flächenverbrauch komisch. Mais erzeugt keine versiegelte Fläche. Und wenn ein Windrad steht ist durch die exklusive Nutzung siehe Schattenwurf und Lärm auch Fläche verbraucht bzw. für eine andere Nutzung nicht mehr verfügbar.
26.03.2024 Folie 14 — Wirtschaftliches Risiko
Die Wertschöpfung ist doch überwiegend beim Hersteller der Windkraftanlagen. Für mich ist Strom, der über 5 ct/kWh in der Produktion kostet keine Wertschöpfung sondern eine Belastung für alle Stromkunden.
26.03.2024 Folie 15 — Strombonus
Was ist denn ein Strombonus habe ich mich beim ersten lesen gefragt. In MV gibt es ein Projekt in dem das genauer beschrieben ist.
Bedeutet für die über 20.000 Einwohner im Umfeld der 4 Anlagen: Wenn sie einen teureren Grünstromtarif abschließen erhalten sie in etwa einen Bonus von 8€, bei gleichzeitigem Wegfall der Wechselmöglichkeit. Das kann man sich sparen und ist eine weitere Marketingfolie die bei mir das Vertrauen in den Projektierer senkt.
26.03.2024 Folie 16 —Nachrangdarlehen
Wie im Namen Nachrangdarlehen schon steht, werden wenn nicht genug Geld da ist erst alle anderen Kreditnehmer bezahlt und zuletzt erhält der Nachrangdarlehensgeber sein Geld. Somit trägt dieser einen großen Teil des unternehmerischen Risikos.
26.03.2024 Folie 17 — Kommunalabgabe
Nur als Wiederholung zum oben geschriebenen. Diese Abgabe wird durch das Netzentgelt bezahlt. Somit ist die Wirkung wie eine zusätzliche Steuer für alle Bürger.
26.03.2024 Folie 22 — Nächste Schritte
Ich bin gespannt auf die Ergebnisse der Windmessung. Es ist extrem schwer an entsprechende Daten zu kommen. Selbst die Winderträge nach 15 Minuten aufgelöst von bestehenden Anlagen scheinen Geschäftsgeheimnisse zu sein.
Beispiel vom oben genannten Windpark am Rohrenkopf:
Also statt projektierter 35–45 Mio kWh eher 31–42 Mio kWh.
Weitere Punkte
Löschwasser
Mir war neu, dass teilweise Löschwasser in der Nähe von Windparks verlangt wird. Wobei es nur als Rückhalt für etwaige Vegetationsbrände als Folge von Bränden von Windkraftanlagen verwendet werden soll. In der Fläche ziemlich sicher überflüssig, im Wald evtl. hilfreich.
Für eine weitere Betrachtung kein Thema
Eisbildung
Der Hochschwarzwald liegt laut Seiten eines Dienstleisters im Bereich Strong icing, wobei das Oberrheintal eher im Bereich Occasional icing liegt. Irgendwo dazwischen sind die WEA-Breisgau angesiedelt.
Hauptproblem ist aber hier wieder die reduzierte Wirtschaftlichkeit durch Gegenmaßnahmen gegen die Eisbildung.
Die Sicherheitsabstände zu bestehender Infrastruktur berücksichtigen ja die Gefahr. Deswegen lohnt es sich nicht sich deswegen Sorgen zu machen.
Fazit
Wie die BI kocht auch der Projektierer mit Wasser und erzeugt durch viele Nebelkerzen bei mir eher einen faden Geschmack. Die genannten Pro-Punkte überzeugen mich durchgehend nicht. Wenn es die gesetzliche Pflicht aus Berlin nicht gäbe 1,8% der Landesfläche mit Windrädern vollzustellen sähe ich keine Nutzen der Windkraftanlagen in einer Region mit so wenig Wind. Für mich eine Ressourcenverschwendung. Aber am Ende kann einer sagen: “Quote erfüllt!”