Start der Enquete-Kommission Hochwasser RLP

Thomas Strub
5 min readNov 4, 2021

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Was ist zu erwarten?

Start der Sitzungen

Am Mittwoch den 27.10.2021 hatte die Enquete-Kommission mit dem sperrigen Namen “Konsequenzen aus der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz: Erfolgreichen Katastrophenschutz gewährleisten, Klimawandel ernst nehmen und Vorsorgekonzepte weiterentwickeln” zum Hochwasser im Juli speziell im Ahrtal die erste Sitzung in der sie sich die Kurzbezeichnung “Zukunftsstrategien zur Katastrophenvorsorge” gegeben haben.

Neben organisatorischen Punkten wie die Wahl der Vorsitzenden und Stellvertreters gab es eine Vorstellungsrunde und somit einen groben Einblick wohin die Reise geht. Es soll in die Zukunft geschaut werden. Zurück geschaut wird durch den Untersuchungsausschuss und die unabhängige Justiz.

Trotzdem ein Blick zurück

Nach dem Hochwasser 1993 gab es schon mal eine Enquete-Kommission zum Thema Hochwasser. Der Abschlussbericht aus 1995 ist auf den Seiten des Landtags abrufbar, ich bin gespannt ob die Hochwasserdemenz auch bei der Enquete-Kommission zuschlagen wird. Welche Punkte von damals werden wieder identisch erarbeitet, was wurde daraus gelernt? Im Statement zum Eingang vom Landtagspräsidenten oder von der Vorsitzenden hätte ich mir einen Verweis auf die damalige Kommission gewünscht.

Hoffnung

Ich hatte mir im Vorfeld die Zusammensetzung der Experten angeschaut und war nicht komplett zufrieden mit der Auswahl der Experten. Aber die Vorstellung und Wünsche konnte mich doch ein wenig beruhigen.

Gute Ansetzungspunkte

Blick über die Grenzen

Es wurden Beispiele aus Dresden, Österreich, Schweiz und der Sahelzone genannt. Das lässt die Hoffnung wachsen, dass doch dazu gelernt werden soll.

Arbeitsprobe des Experten Peter Heiland (Bauingenieur)

Peter Heiland hat unter anderem 2016 für das Umweltministerium in Baden-Württemberg bei einem Konzept zur Hochwasserrisikomanagementplanung mitgewirkt. Folgendes Schaubild ist daraus entnommen.

LuBW BW Seite 26

Das lässt Hoffnung aufkeimen, dass er wichtigen Input liefern kann. Wobei die Anzahl der an dem Konzept in Baden-Württemberg beteiligten Personen den Umfang der Enquete-Kommission deutlich übersteigt.

Dies zeigt, dass die Kommission durch weitere Experten unterstützt werden sollte. Dies wurde durch Herrn Streit auch angesprochen, dass wenn es richtig gemacht werden soll, sehr viel Arbeit notwendig ist und es originäre Aufgabe der Ministerien wäre hier zu liefern. Hier sind auch nachgeordnete Behörden gefragt.

Experte Alois Lieth (Bauingenieur)

Der Experte Alois Lieth hat laut Selbstauskunft ähnliche Projekt wie Herr Heiland durchgeführt. Diese auch teilweise im Ausland mit breiteren Umwelteigenschaften. Beispiel war Sahelzone, dort auch mit dem Zweiklang Dürre und Überschwemmung die auch von Peter Heiland genannt wurde. Dieses Thema ist ja auch ein Konfliktfeld in NRW, in dem die Wasserspeicher für die Sommertrockenheit gefüllt waren und für den Hochwasserschutz nicht zur Verfügung standen.

Experte Jürgen Larisch (Brand- und Katastrophenschutzinspekteur)

Meine Erwartung ist, dass er insbesondere bei Punkten wie R2 “Krisenmanagementplanung” und R24 “Koordination Alarm- und Einsatzpläne” aus der Praxis mit einbringen kann. Eine Anfrage nach dem aktuellen Hochwassermeldeplan aus dem Landkreis in dem er tätig ist wurde nicht beantwortet. Ein genaueres Bild wie er unterstützen kann ist somit schwer. Wie geschrieben hoffe ich auf Input aus der Praxis und von unten. Zusätzlich würde ich auch erwarten, dass er etwas den Finger in die Wunde legt und strukturelle Schwächen in den Meldeketten anspricht.

Experte Burkhart Müller (Direktor Landkreistag)

Hier war positiv, dass er die Zusammenarbeit auf Fachebene mit NRW angesprochen hat. Auch die angesprochene Wichtigkeit des Katastrophenschutzes in der Fläche überzeugt. Der mit dem Kollegen aus NRW geschriebene Fachartikel liegt mir nicht vor, hoffe, dass ich ihn bis zur zweiten Sitzung der Enquete-Kommission erhalten habe.

Experte Jan Hendrik Müller (Landwirtschaftskammer RLP)

Positiv zu sehen ist sein Wunsch als Ohr der Bevölkerung zu fungieren und sein Wunsch sich einzuarbeiten. Seine Stimme soll wahrscheinlich die Landbenutzer (Landwirtschaft und Weinbau) beruhigen, nicht, dass zu absurde Forderungen kommen. Fachlich sehe ich jetzt keine relevante Vorerfahrung mit Hochwassern oder Katastrophenschutz.

Experte Thomas Weiler (HGF Verband Bauwirtschaft RLP)

Hier sehe ich eher einen Schwerpunkt in der Vor- und Nachsorge von Hochwasser- und weiteren Katastrophenereignissen. Es gibt genug zu tun. Stichpunkte wären

  • Kein Wasser verlässt das Grundstück
  • Trockenheit
  • Erdbeben
  • Sturm
  • Wärme und Kälte

Da wird sich viel an der Gebäudesubstanz oder bei der Planung ändern müssen. Da ist ein Fachmann aus der Ecke nicht komplett falsch ausgewählt.

Was fehlt?

Mir fehlt ein größerer Fokus der Experten bzw. weitere Experten aus dem Gebiet der Bewältigung von Katastrophen. Insbesondere die Früherkennung und Lageerkennung. Zwei Tage danach konnte jeder sagen, dass Haus x oder y gefährdet war. Aber in der dynamischen Lage dies frühzeitig zu erkennen und hier Mittel und Methoden einzubringen dies rechtzeitig zu erkennen und zu kommunizieren sehe ich noch nicht. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

Ausblick

Die Arbeit der Kommission wird in zwei Blöcke aufgeteilt

Block 1: Katastrophenschutz bis Sommer 2022 mit folgendem Terminplan:

Beschluss erste Sitzung

Für mich besonders Interessant sind:

“Überblick zum Katastrophenschutz in Deutschland, Rheinland-Pfalz und im Vergleich“

Hier bin ich gespannt wie sehr schonungslos Lücken angesprochen werden. Alternativ kann ich mir vorstellen, dass Konzepte, die zwar auf dem Papier teilweise existieren wie der Rahmen Einsatz- und Alarmplan Hochwasser als “perfekt” ausgerollt angesehen werden und diese mit der Ist-Situation in anderen Bundesländern verglichen werden. Somit würde ein potemkinsches Dorf mit der Realität verglichen werden. Offensichtlich haben einige Räder nicht gut in einander gegriffen. Aber genaueres werde ich nach dem Termin am 23. November sagen können.

“Öffentliche Schutzräume und Evakuierung, Warnsysteme, Warnmittel“

Hier der extrem spannende Punkt ob die Informationsgewinnung wann und wo evakuiert bzw. gewarnt werden muss mit enthalten ist. Das ist für mich der zentrale Punkt und da habe ich leider bedenken, dass das weiterhin nicht betrachtet wird. Eine unspezifische Warnung an jeden kann zwar helfen ist aber am Ende des Tages wenig Wert.

Block 2 nächstes Jahr nach den Sommerferien:

  • Hochwasservorsorge
  • Klimanpassungen

Hier bin ich gespannt ob neue Erkenntnisse erarbeitet werden. Das Problem ist Ahrtal war doch, dass ein HQ100-HQ500 überrascht hat. Wenn jetzt Vorsorge bedeutet, dass weiterhin nur ein HQ20 im prognostizierten Klimawandel problemlos überstanden werden kann würde es für mich bedeuten, dass das Thema verfehlt wäre. Aber genaues wird man in 1–2 Jahren mitbekommen.

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Thomas Strub
Thomas Strub

Written by Thomas Strub

Diplom Informationswirt. Arbeite als Softwareentwickler. Schlage zu oft die Hände über dem Kopf zusammen wenn ich S-Architektur sehe — Lebe im schönen Breisgau.

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