Auswirkung der Kriterienänderung — Corona
In meinem Artikel Wer misst misst Mist habe ich unter anderem beschrieben, dass eine Änderung der Testkriterien
- Wer wird für einen Test ausgewählt
zu einer Änderung der Ergebnisse führen kann.
Kostenübernahme Krankenkasse KBV 27.02.2020
Bislang hatten die Krankenkassen die Kosten für Tests nur bei Patienten übernommen, die entweder Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten oder innerhalb der letzten 14 Tage in einem vom Robert Koch-Institut (RKI) genannten Risikogebiet gewesen sind, zum Beispiel in der chinesischen Stadt Wuhan oder in der italienischen Region Lombardei, und entsprechend Symptome aufwiesen.
Änderung der Empfehlung 25.03.2020 RKI — Meldung n-tv
Das staatliche Institut änderte derweil seine Kriterien, nach denen mögliche Verdachtsfälle auf Covid-19 getestet werden. Das Kriterium, dass Menschen in Risikogebieten gewesen sein müssen, entfalle ab sofort.
Risikogebiet
Die Liste der Risikogebiete wurden immer mit etwas Verzögerung angepasst.
Basis
Als Rohdaten nehme ich die CSV-Daten vom Robert Koch-Institut, diese werden unter anderem für folgendes Dashboard verwendet. Meldungen ohne Geschlecht oder Altergruppe habe ich aus der Grundgesamtheit entfernt.
Meldeverzug
Die orangenen Balken zeigen den Meldeverzug. Das bedeutet, dass die Daten für die letzten 3–4 Tage noch nicht komplett sind. Also Aussagen die nur auf dieser Entwicklung beruhen sind kritisch zu hinterfragen.
Folgende Übersicht ergibt sich aus den bereitgestellten Daten:
Jeweils im vergleich zur Vorwoche zeigt sich eine Dynamik in KW 12, die gegen Ende von KW 12 deutlich nachgelassen hat.
Die Verteilung in den jeweiligen Wochen ist ab KW 12 sehr stabil, das deutet darauf hin, dass die Testinfrastuktur immer noch am Anschlag arbeitet.
Das bedeutet aus den Zahlen von KW14 lassen sich noch keine Schlüsse auf die Gesamtentwicklung ziehen.
Altersgruppen
Erstmalig als ich das Dashboard des Robert Koch-Instituts gesehen habe ist mir positiv aufgefallen, dass nicht nur Fallzahlen, sondern auch eine Alterseinteilung enthalten ist:
Die als Basisdaten folgende Aufteilung ergeben:
Prozentual pro Woche sieht man, dass die beiden Altergruppen 60–79 und 80+ jede Woche deutlich im Anteil zulegen. Die Gruppen < 14 haben einen verschwindend geringen Anteil:
Jeweils in Fälle/100.000 der Altersgruppe:
Bedeutet von KW 11 auf KW 13 hat sich in der Altergruppe 35–59 die Anzahl an positiv getesteten Personen verfünffacht (12% Wachstum/Tag) hat sich die in der Gruppe 80+ verdreiundzwanzigfacht (25% Wachstum/Tag)
Die Frage ist: Der Wachstum welcher Gruppe spiegelt die Gesamtentwicklung in der Realität am ehesten wieder? Oder hat sich in der Realität einfach die Infektion in eine andere Richtung verschoben?
Betrachtung im Detail
Aufteilung in Fälle/100.000 und Fälle relativ zur Maximum der Woche
Bis KW 12 wurden die meisten positiven Fälle je 100.000 Personen der Personengruppe in der Gruppe Männlich 35–59 festgestellt.
Vermutung Skifahrer und Arbeitskollegen von Skifahrern
In KW 13 war die Gruppe weiblich 35–59 am stärksten vertreten.
Vermutung Pflegekräfte
Ab KW 14 ist die Gruppe männlich 80+ am häufigsten vertreten.
Vermutung echte Fälle mit starkem Betreuungsbedarf
Auffällig ist immer noch der extrem geringe Anteil an Personen unter 14.
Vermutung Milde und asymptomatische Fälle
Gesamtentwicklung nur Aufgrund der Gruppe 80+
Die Vermutung legt nahe, dass die Gruppe 80+ am besten die Gesamtentwicklung der Fälle beschreibt.
Die Wochenendausreißer sind in der Gruppe 80+ deutlich weniger ausgeprägt. Durch den Vergleich mit dem Tag der Vorwoche wird die unterschiedliche Testkapazität am Wochenende bereinigt.
Das durchschnittliche Wachstum pro Tag ist in der Gruppe 35–59 extrem
In der Tabelle kann man erkennen, dass die jeweiligen Einschnitte 5–7 Tage davor durchaus auch in der Gruppe 80+ eine Wirkung zeigen, nur ist diese nicht so ausgeprägt wie in den anderen Bevölkerungsgruppen
Auch gibt es bei den Männern 80+, der Hauptrisikogruppe, eine minimal langsamere Entwicklung wie beiden Frauen 80+
Die Daten beschreiben eine um 5–7 Tage verspätete Entwicklung.
Die Reduzierung der Steigerung von > 30% auf < 30% um den 20. März könnte man auf die Schulschließungen um das Wochenende vom 15. März zurückführen, der Effekt war aber nicht sehr groß.
Die Schließung der Gastronomie einige Tage später ist deutlicher in der Reduktion der Steigerungsrate zu erkennen.